Eine Betrachtung unsere Gesellschaft im Zeitalter von Automatisierung, künstlicher Intelligenz und Robotik.
Wenn jemand wissen muss, das wenige Menschen in einer digitalisierten und automatisierten Fabrik notwendig sind, dann sicher Elon Musk – der Tesla-Chef, Space-X-Gründer und Visionär. Daher muss es uns zu denken geben, wenn Musk sich für ein bedingungsloses Grundeinkommen ausspricht. Musk trifft damit einen Nerv unserer Zeit und wirft Fragen auf, die noch viel zu selten gestellt und diskutiert werden. Wir werden weitreichende Entwicklungen im Bereich der künstlichen Intelligenz, der Automatisierung (Stichwort „Autonomes Fahren“) und der Robotik in den kommenden Jahren erleben. Sie werden nicht nur die Wirtschaft vollständig verändern, sondern auch unsere Gesellschaft als Ganzes.
Diese Gesellschaft ist und bleibt trotz all dieser Entwicklungen ein Kreislauf. Das heißt auch, dass es immer Menschen geben muss, die Produkte kaufen und Dienstleistungen in Anspruch nehmen. Die „Abwrackprämie“ oder das sogenannte Helikopter-Geld, von EZB-Chef Mario Drahgi als ein „interessantes Konzept“ bezeichnet, sind ja ebenfalls bedingungslose Geldleistungen von staatlicher Seite. Solche Maßnahmen werden wir in den nächsten Jahren sicherlich noch mehr sehen. Sie sind nur Vorstufen zu einem bedingungslosen Grundeinkommen.
Wenn jeden Monat genug Geld auf dem Konto ankommt, werden wir dann alle zu Faulenzern?
Das ist die am häufigsten formulierte Kritik am bedingungslosen Grundeinkommen: die meisten Menschen würden nicht mehr arbeiten gehen, sobald sie das bedingungslose Grundeinkommen erhalten. Doch Experten für das Grundeinkommen behaupten, dass ein bedingungsloses Grundeinkommen so hoch sein muss, dass es auch nicht mehr nötig ist, arbeiten zu gehen. Ein Grundeinkommen dient nicht nur dem Überleben, sondern muss auch die aktive Teilhabe an der Gesellschaft ermöglichen. Schließlich ist es schon seit drei Jahrzehnten so, dass ein sehr großer Teil unserer „Arbeitsstunden“ nicht Erwerbsarbeit sind, sondern Ehrenämter und nicht-entlohnte Arbeit wie Haushaltsarbeit, Kindererziehung und Altenpflege.
Noch viel schwerwiegender als die Befürchtung, dass ein großer Teil der Menschen nicht mehr arbeiten würde, ist die Tatsache, dass die Bedürfnisse und Wünsche der Menschen nicht automatisch weniger werden, nur weil es ein bedingungsloses Grundeinkommen gibt. Denn wer sich ein neues iPhone, ein Haus leisten oder einen Luxusurlaub leisten will, muss auh dann weiter dafür arbeiten.
Automatisierung, New Work, die Fragen der Ethik
Eine Reihe von ethischen Fragen wird z.B. immer dann gestellt, wenn es beispielsweise um autonomes Fahren geht. Ein Szenario wird dann immer wiederholt, geht aus meiner Sicht aber am eigentlichen Kern der ethischen Dimension der Automatisierung vorbei. In vielen Variationen wird gefragt, wie es ethisch, moralisch und rechtlich zu bewerten sei, wenn ein autonom fahrendes Auto in einer Unfallsituation entscheiden muss: Wird es eher das Leben des einen Menschen (oft wird gesagt „einer alten Person“) oder des anderen Menschen (zugespitzt „das Leben eines Kindes“) opfert.
Doch diese Frage hat nur am Rande etwas mit dem Thema des autonomen Fahrens zu tun. Auch einem Menschen stellt sich in der Situation die gleiche Frage. Der Unterschied in diesem Szenario ist: Der Mensch trifft in Stresssituationen tendenziell eher schlechter Entscheidungen. Ein autonom fahrendes Fahrzeug kann jedoch auf eine Datenbank zurückgreifen, in der Auswertungen tausender Unfälle enthalten sind. Daher wird ein autonomes Auto in fast jedem Fall eine bessere Entscheidung als ein Mensch treffen.
In Bezug auf Automatisierung und #NewWork werden die entscheidenden ethischen Fragen oft nicht gestellt.
Die wirklich entscheidenden ethischen Fragen sind im Rahmenvon Automatisierung und New Work ganz anders gelagert. Dazu bleiben wir noch kurz beim autonomen Fahren: In wenigen Jahren werden wohl auch autonom fahrende Lastwagen Realität sein. Was wird dann aus den Millionen Jobs, die im Moment von Fernfahrern ausgeübt werden? Auch autonom fahrende Taxis in Städten werden viele Jobs überflüssig machen. Und das Thema des autonomen Fahrens ist nur eine von vielen Varianten der Automatisierung. Die Entwicklungen in den Bereichen künstliche Intelligenz und intelligente Assistenten machen in Zukunft viele Berufe im Dienstleistungssektor überflüssig. In Fabriken werden Roboter viele Aufgaben übernehmen, die in einigen Fällen ohnehin menschenunwürdig waren.
New Work als Jobwunder oder Jobkiller?
Ich bin sicher, die erwähnten Entwicklungen im Bereich New Work werden viele neue Aufgaben und Jobs bringen. Nur ist es illusorisch zu glauben, dass auch nur annähernd so viele Arbeitsplätze entstehen wie dabei parallel überflüssig werden. Wir dürfen darüber hinaus den Faktor Zeit nicht außer acht lassen. Es wird noch eine gewisse Zeit brauchen, um neue Fähigkeiten und Kenntnissen für neue Berufe zu erlernen. Überspitzt gesagt: Nicht alle Fernfahrer werden über Nacht zu IT-Spezialisten. Das Grundeinkommen bietet in diesem Fall eine Sicherheit und verschafft Zeit. So können sich diejenigen Menschen neu orientieren, deren Berufe es nicht mehr geben wird. Zeit werden wir schließlich auch brauchen, bis wir als Gesellschaft mit dem neuen Grad an Freiheit vertraut sind, den ein bedingungsloses Grundeinkommen mit sich bringt.
Das bedingungslose Grundeinkommen ist ein Leadership-Thema
Das Grundeinkommen ist auch ganz klar ein Leadership-Thema. Die Behauptungen, das Menschen mit bedingungslosem Grundeinkommen nicht mehr arbeiten würden, leiten sich von einer bestimmten Vorstellung von Arbeit und Leadership ab. Die dabei geäußerten Bedenken sind nur innerhalb einer Denkweise sinnvoll, die von einem veralteten Leadership-Verständnis ausgeht: einem streng hierarchisch organisierten System, in dem die an der Spitze positionierten Leader den Menschen in Erwerbsarbeit sagen, was sie machen müssen.
Deshalb: das bedingungslose #Grundeinkommen wird nur mit einer dazu passenden Idee von #Leadership funktionieren.
Diese Denkweise ändert sich aber grundlegend, denn Menschen gehen trotz bedingungslosem Grundeinkommen arbeiten. Sie tun dies nicht mehr, weil sie zwangsläufig arbeiten müssen, sondern weil sie arbeiten wollen und ihre Aufgabe als sinnvoll und sinnstiftend erkennen. Deshalb brauchen wir in einer Gesellschaft mit bedingungslosem Grundeinkommen auch eine andere Form von Leadership, damit Mitarbeitende in einem Unternehmen gemeinsam das Ziel erreichen und produktiv sind.
Ist ein bedingungslose Grundeinkommen eine Utopie oder unausweichlich?
Mit diesen Überlegungen im Hinterkopf ist für mich die Frage nach dem Grundeinkommen, keine Frage des ob, sondern nur noch des wann und wie. Finnland geht mit gutem Beispiel voran und testet seit diesem Jahr das Grundeinkommen mit zufällig ausgewählten Menschen. Die Frage nach der Finanzierung ist vergleichsweise leicht zu beantworten: So wie es Steuern auf menschliche Arbeit gibt, wird es in Zukunft Steuern auf Arbeiten geben, die von Robotern, Computern oder Software erledigt werden. Was sich vor allem ändert ist die Bedingungslosigkeit, die mit dem Grundeinkommen gemeinsam zur Diskussion steht.
Darüber hinaus sehe ich aber noch einen viel wichtigeren Grund, der ein bedingungsloses Grundeinkommen unausweichlich macht. In Zeiten, in denen wir mit einer immer stärkeren Radikalisierungen und Polarisierung der Gesellschaft konfrontiert sind, sorgt ein Grundeinkommen nicht nur für eine Grundsicherung, sondern für sozialen Frieden. Viele der erwähnten Entwicklungen, die ein bedingungsloses Grundeinkommen sinnvoll machen, werden sehr schnell kommen. Viele Lernprozesse, die sich daran anschließen, brauchen jedoch viel Zeit. Darum müssen wir uns jetzt den drängenden Fragen stellen und antworten darauf finden. Die Kernfrage lautet dabei: Wie wollen wir in Zukunft arbeiten und gemeinsam leben?